Die Eroberung von Ostaleppo - Ein zu vertrautes Szenario

Wieder muss die internationale Staatengemeinschaft, diesmal in Aleppo, einer Situation scheinbar hilflos zusehen, in der Menschenleben und fundamentale Menschenrechte in größter Gefahr sind.
Scheinbar ist nun auch die zuletzt vereinbarte Evakuierung von Zivilisten und Rebellen gescheitert. Von den eingeschlossenen Zivilisten häufen sich nun noch einmal verstärkt die bereits in der Vergangenheit immer wieder zu vernehmenden Berichte vom brutalen und rücksichtslosen Vorgehen der Belagerer. Die Lage ist unübersichtlich, die UN spricht von 82 exekutierten und bis zu 100.000 eingekesselten Zivilisten während der jüngsten, offenbar vorerst finalen Phase der Belagerung. Wie sich die Situation weiter entwickeln wird ist unklar, wer sich bis zuletzt weigerte Ost-Aleppo zu verlassen, fürchtet verständlicherweise Racheakte durch eine Regime, dessen skrupelloser Umgang mit Oppositionellen, inklusive Verschwindenlassen in Foltergefängnisse, diesen Krieg hauptsächlich mit auslösten. So schockierend sie klingen, so wenig überraschen sollten daher die jüngsten Berichte von verschwundenen Rebellen, von gewaltsamen Hausdurchsuchungen und Exekutionen, von Zwangsrekrutierungen in die Regierungsarmee.
Man muss nicht irgendwelcher Propaganda folgen, um einzusehen, dass in einem solchen Krieg auch den Rebellen keine Absolution auszusprechen ist. Dass kein Kriegsverbrechen straffrei bleiben sollte, darauf können sich wohl alle einigen.
Relativismus in Form von whataboutisms, der Betonung von Kriegsverbrechen der Rebellen oder des Westens, die mit der aktuellen Misere der Zivilisten in Aleppo erst mal wenig zu tun haben und diese keinesfalls rechtfertigen, oder das prinzipielle Anzweifeln auch der gut gesicherteren Infos, kann jedoch nur verhindern, dass die Schuldigen benannt und entsprechender Druck ausgeübt wird. Über ideologische Grenzen hinweg sollte beim Namen genannt werden, dass Russland im Moment die faktisch für die größte Opferzahl und die meisten Kriegsverbrechen verantwortliche Kriegspartei, nämlich das Assad-Regime, unterstützt, ihm sein weiterhin brutales Vorgehen ermöglicht und auch selbst Kriegsverbrechen begeht.  Auch ist es Russland, das den Weltsicherheitsrat in dieser Frage lähmt und damit verhindert, dass viele der mächtigsten Staaten die Potentiale, die sie hätten, um diese Kriegsverbrechen zu verhindern, nutzen können.
Vor einem völkerrechtlichen, einem real- oder geopolitischen, einem historischen Hintergrund mag die aktuelle Situation erklärbar sein, sowie dass sich ähnliche Situationen auch in der modernen Zivilisation ständig wiederholen. Vor einem menschlichen bleibt es unbegreiflich.

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